Phenobarbital - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

  1. Home
  2. Wirkstoffe
  • Teilen
  • Twittern
  • Facebook
  • Linkedin
  • Xing
  • Empfehlen

Phenobarbital gehört zur Wirkstoffgruppe der Antiepileptika und Barbiturate und wird zur Behandlung verschiedener Formen der Epilepsie angewendet.

Phenobarbital: Wirkstoff-Monographien

Phenobarbital 15 mg Tabletten (Zum Einnehmen)Phenobarbital 100 mg Tabletten (Zum Einnehmen)

Phenobarbital: Übersicht

Schwangerschaft

Stillzeit

Verkehrstüchtigkeit

Anwendungshinweise

Alternativen

ATC Code

  • N03AA02 - Phenobarbital

Phenobarbital - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (7)

Anwendung

Das Antiepileptikum Phenobarbital wird bei verschiedenen Formen der Epilepsie (Grand-mal, Impulsiv-Petit-mal) und Grand-mal-Schutz bei Petit-mal-Anfällen im Kindesalter angewendet. Bei Absencen sowie zur Prophylaxe und Therapie von Fieberkrämpfen ist Phenobarbital nicht wirksam.

Darüber hinaus kann der Wirkstoff zur Narkosevorbereitung als Injektionslösung angewendet werden.

Wirkmechanismus

Barbiturate wie Phenobarbital wirken über eine postsynaptische Verstärkung von GABA, indem sie mit Alpha- und Beta-Untereinheiten des GABA-A-Rezeptors interagieren. Hierbei erhöhen Barbiturate den Chloridioneneinstrom, was zu einer GABA-induzierten postsynaptischen Hemmung führt.

Sowohl Barbiturate als auch Benzodiazepine interagieren mit GABA-A-Rezeptoren, doch führen Barbiturate im Gegensatz zu Benzodiazepinen selbst bei sehr geringer GABA-Konzentration zu einer Verlängerung der Dauer der durch den Neurotransmitter GABA bewirkten Öffnung des Kanals. Da Benzodiazepine am GABA-Rezeptor nur in Anwesenheit von GABA wirken können, sind sie in ihrer Wirkung limitiert. Barbiturate hingegen wirken nicht wie Benzodiazepinen nur schlafanstoßend, sondern in höherer Dosierung auch schlaferzwingend.

Problematisch ist ihre geringe therapeutische Breite.

Barbiturate wirken dosisabhängig:

Sedierung ➔ Schlaf ➔ Anästhesie ➔ Koma

Phenobarbital - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (8)

Dosierung

Die übliche Dosierung beträgt für Erwachsene zur Epilepsiebehandlung je nach Bedarf 1 bis 3 mg Phenobarbital/kg Körpergewicht. Kinder erhalten 3 bis 4 mg Phenobarbital/kg Körpergewicht.

Nebenwirkungen

Zu den gefährlichsten Nebenwirkungen von Phenobarbital gehören das starke Suchtpotenzial des Wirkstoffes und das vergleichsweise große Risiko für Überdosierungen. Überdosierungen gehen häufig mit Atemdepression, Koma oder Nierenversagen einher.

Bei der bestimmungsgemäßen Anwendung sind Verwirrtheitszustände, kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Schwindel, unkoordinierte Bewegungsabläufe (Ataxie), nachlassende Reaktionsfähigkeit und paradoxe Erregungszustände die häufigsten Nebenwirkungen von Phenobarbital. Weitere sehr häufige Nebenwirkungen sind ausgeprägte Beruhigung und Schläfrigkeit/Mattigkeit sowie Störungen der Sexualfunktion mit verminderter Libido und Impotenz.

Wechselwirkungen

Folgende Interaktionen sind bei der Anwendung vonPhenobarbital zu beachten:

  • andere zentral wirksame Arzneimittel (bestimmte Psychopharmaka, Narkotika, Schmerz- und Schlafmittel, Antihistaminika) sowie Alkohol: Verstärkung von Nebenwirkungen
  • Barbiturate können eine vermehrte Bildung von Enzymen bewirken, die den Abbau einiger Medikamente, z. B. orale Antikoagulanzien, Kortikoide, Lamotrigin, Oxcarbazepin, Schilddrüsenhormone, Doxycyclin, Chloramphenicol, Antimykotika vom Azol-Typ, Griseofulvin, orale Kontrazeptiva („Pille“), in der Leber beschleunigen und damit einen Wirkungsverlust herbeiführen.
  • Felbamat: Plasmakonzentration von Phenobarbital kann erhöht und die von Felbamat erniedrigt werden.
  • Valproinsäure: Verstärkung der Wirkung und teilweise die Nebenwirkungen von Phenobarbital (durch Erhöhung der Serumkonzentration von Phenobarbital), was sich insbesondere bei Kindern in verstärkter Müdigkeit äußern kann. Phenobarbital hingegen führt durch beschleunigte Valproinsäure-Ausscheidung zu einer Wirkungsabschwächung von Valproinsäure.
  • Von Barbituraten ist bekannt, dass sie die Methotrexat-Toxizität verstärken, die Kortikoidwirkung (Glukokortikoide) vermindern.
  • Phenytoin kann die Plasmakonzentration von Phenobarbital erhöhen. Andererseits kann Phenobarbital die Phenytoin-Konzentration sowohl erhöhen als auch erniedrigen.

Kontraindikationen

Phenobarbital darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Barbiturate
  • akuter Alkohol-, Schlafmittel- und Schmerzmittelvergiftung sowie bei Vergiftung durch Anregungsmittel oder dämpfende Psychopharmaka

Als Injektion darf Phenobarbital darüber hinaus auch nicht bei akuter hepatischer Porphyrie, schweren Leberfunktionsstörungen oder schwerer Atemdepression gegeben werden.

Schwangerschaft

Bei intrauterin Phenobarbital-exponierten Kindern wurden erhöhte Inzidenzen von Microcephalie, kranialen Dysmorphien, geringerem Geburtsgewicht, verminderter Körperlänge sowie - in einigen Studien - ein erhöhtes Risiko für kardiale Defekte beobachtet.

Phenobarbital darf während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Dabei ist das Risiko für den Embryo/Feten sorgfältig gegen das Risiko abzuwägen, das sich aus einer nicht behandelten Epilepsie für Mutter und Kind ergibt.

Falls Phenobarbital unverzichtbar ist, sollte während der gesamten Schwangerschaft die niedrigste anfallskontrollierende Dosis verwendet werden. Da Fehlbildungen mit großer Wahrscheinlichkeit durch Spitzenkonzentrationen im Serum ausgelöst werden, sollte die Tagesdosis, insbesondere während der sensiblen Phase der Embryonalentwicklung zwischen dem 20. und 40. Schwangerschaftstag, in mehreren kleinen Dosen über den Tag verabreicht werden.

Die Serumkonzentration von Phenobarbital kann im ersten Schwangerschaftsmonat abfallen und steigt oft im Puerperium wieder auf vor der Schwangerschaft gemessene Werte. Die Serumkonzentration sollte während der Schwangerschaft, besonders aber bis zum 40. Tag, im unteren therapeutischen Bereich liegen. Eine regelmäßige Bestimmung der Serumkonzentration bis zum Ende des Puerperiums ist auch notwendig, um Intoxikationen nach der Geburt zu vermeiden.

Da sich das Risiko einer Fehlbildung bei einer Kombinationstherapie erhöht, sollte bei Frauen im gebärfähigen Alter und bei Schwangeren eine Kombination mit anderen Antikonvulsiva oder anderen Arzneimitteln möglichst vermieden werden.

Unter einer Therapie mit Phenobarbital kann es zu Folsäuremangel kommen, der zu Fehlbildungen, insbesondere Neuralrohrdefekten, führen kann. Daher ist vor und während der Schwangerschaft Folsäure zu supplementieren.

Bei intrauterin-exponierten Neugeborenen wurden vermehrt Vitamin K-abhängige Gerinnungsstörungen beobachtet. Eine orale Vitamin K-Supplementierung der Schwangeren in den letzten vier Wochen der Schwangerschaft sowie die Gabe von Vitamin K an das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt wird daher empfohlen.

Darüber hinaus kann es bei Neugeborenen der mit Phenobarbital behandelten Mütter zu Entzugserscheinungen kommen. Diese treten insbesondere dann auf, wenn die Säuglinge nicht gestillt werden. Die Säuglinge sind daher sechs bis sieben Wochen lang pädiatrisch zu überwachen. Die Behandlung mit Phenobarbital sollte deshalb während der Schwangerschaft nicht ohne ärztliche Zustimmung unterbrochen werden, da ein plötzlicher Therapieabbruch bzw. eine unkontrollierte Verminderung der Dosis zu epileptischen Anfällen der Schwangeren führen kann, die ihr und/oder dem Ungeborenen Schaden zufügen können.

Stillzeit

Phenobarbital geht in die Muttermilch über. Frauen, die mit hohen Dosen Phenobarbital behandelt werden, sollten nicht stillen. Bei der Entscheidung, ob eine Patientin, die mit niedrigen Dosen von Phenobarbital behandelt wird, stillen sollte, ist das Risiko von Entzugserscheinungen beim ungestillten Säugling gegen das Risiko von pharmakologischen Wirkungen beim gestillten Säugling (Sedation mit vermindertem Saugreflex und daraus resultierendem Gewichtsverlust) abzuwägen.

Beim gestillten Neugeborenen kann während der ersten Lebenswoche die Serumkonzentration freien Phenobarbitals über der der Mutter liegen, da in dieser Periode das durch intrauterine Exposition vorhandene und das mit der Milch aufgenommene Phenobarbital akkumulieren. Daher sind gestillte Säuglinge sorgfältig auf Zeichen einer Sedierung zu überwachen. Gegebenenfalls sollte mit dem Stillen erst nach der frühen Neonatalperiode begonnen werden.

Die Phenobarbital-Serumkonzentration gestillter Säuglinge sollte regelmäßig überprüft werden. Ein Abstillen sollte langsam über mehrere Wochen erfolgen, um Entzugserscheinungen beim Kind zu vermeiden. Im Falle eines abrupten Abstillens bedarf es einer ärztlichen Überwachung des Säuglings.

Verkehrstüchtigkeit

Auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauchkann Phenobarbital das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehrund zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Daher sollten das Führen von Kraftfahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten mindestens während der ersten Tage der Behandlung unterbleiben.

Anwendungshinweise

Barbiturate dürfen nur unter Vorsicht angewendet werden bei:

  • akuter hepatischer Porphyrie
  • schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen
  • schweren Herzmuskelschäden
  • Abhängigkeitserkrankungen in der Anamnese
  • Atemwegserkrankungen, insbesondere, wenn sie mit Dyspnoe und Obstruktion einhergehen
  • positiver (Familien-)Anamnese einer affektiven Störung
  • Patienten mit Bewusstseinsstörung

Bei längerer Anwendung (über eine Woche) sollte beim Absetzen die Dosis schrittweise reduziert werden.

Alternativen

Die Einteilung der Barbiturate erfolgt nach ihrer Wirkdauer:

Ultrakurz wirkenden Substanzen (Wirkung bis 10 Minuten)

  • Thiopental
  • Methohexital

Kurz und mittellang wirkende Substanzen (Wirkung hält 2 bis 6 Stunden an)

  • Pentobarbital
  • Secobarbital

Lang wirkende Barbiturate (Wirkung von mehr als 6 Stunden)

  • Barbital
  • Phenobarbital

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:

232.24 g·mol-1

Mittlere Halbwertszeit:

ca. 80.0 H

Q0-Wert:

0.7

Kindstoff(e):

Phenobarbital natrium

Autor:

Dr. Isabelle Viktoria Maucher (Apothekerin)

Stand:

28.06.2022

Quelle:

  1. Fachinformation Phenobarbital-neuraxpharm
  2. Fachinformation Luminal
  3. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  4. Skibiski, J., & Abdijadid, S. (2021). Barbiturates. In StatPearls

Abbildung

Adapted from „GABA Synthesis and Uptake”, by Biorender.com

  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken

"); $(".logo").clone().prependTo(".templogo"); if ($("#sameProducts").length) { $("#sameProducts").nextUntil("footer").addClass("hide"); } else { $(".forwardsocial").nextUntil("footer").addClass("hide"); } window.print(); $(".content .templogo").remove(); $(".forwardsocial").nextUntil("footer").removeClass("hide"); });

  • Senden
  • Phenobarbital - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

    References

    Top Articles
    Latest Posts
    Article information

    Author: Pres. Lawanda Wiegand

    Last Updated:

    Views: 6131

    Rating: 4 / 5 (51 voted)

    Reviews: 82% of readers found this page helpful

    Author information

    Name: Pres. Lawanda Wiegand

    Birthday: 1993-01-10

    Address: Suite 391 6963 Ullrich Shore, Bellefort, WI 01350-7893

    Phone: +6806610432415

    Job: Dynamic Manufacturing Assistant

    Hobby: amateur radio, Taekwondo, Wood carving, Parkour, Skateboarding, Running, Rafting

    Introduction: My name is Pres. Lawanda Wiegand, I am a inquisitive, helpful, glamorous, cheerful, open, clever, innocent person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.